Glen Elz Ember
Ich gestehe: Ich fuhr im Oktober 2019 ins tiefste Harz-Tal bei Zorge mit dem ehrgeizigen Plan, wie ein moderner Spirituosen-Indiana Jones die Geheimnisse von Single Malt Whisky zu ergründen – und landete prompt im Besucherzentrum der Hammerschmiede. Nun gut, Indiana Jones mit etwas nachlassendem Rücken und deutlich weniger Peitsche, aber immerhin mit einem Notizbuch, Kamera und leerem Glas in der Hand.

Die Destillerie
Die Hammerschmiede wurde 1984 gegründet und produziert seit 2002 auch den Single Malt unter dem Markennamen The Glen Els (heute bekannt als Elsburn).
Sie liegt in Zorge im Harz, am kleinen Elsbach (ja, so heißt der), und baut bewusst auf Manufaktur-Charakter: kleine Chargen, regionale Gerste, Quellwasser aus dem Harzer Berggebiet, und Fässer mit individuellem Charakter.
Bei meinem Besuch führte mich der Guide durch die Produktion: Mash-Tun, Lauter-Tun, vier Wash-Backs, zwei Wash-Stills und eine Spirit-Still – alles relativ übersichtlich, kompakt, fast familiär, wenn man vom Alkoholdampf mal absieht.
Besonders eindrucksvoll war das Lager: Ein Raum mit Fässern, Temperaturschwankungen inklusive – im Winter bibbernd nahe Gefrierpunkt, im Sommer wohl eher schwitzend. Laut der Hammerschmiede bewusst so: „Wenn das Fass friert, zieht es sich zusammen; und bei Wärme dehnt sich das Holz – das Whisky-Aroma wird so gezwungen, sich ins Holz hineinzudrücken und wieder herauszukommen.“
Die Folge: hoher Engel-Share (Verdunstung) von 4-10 % jährlich – kein Witz.
Mir fiel auch auf: Die Destillerie ist charmant unprätentiös, mit Sitz in einem alten Kurhaus und einem kleinen, aber feinen Besucherteam. Der Guide war humorvoll, ließ Zwischentöne wie „Ja, wir haben auch einen Kräuter-Likör gemacht bevor Whisky chic war“ durchklingen – ich fühlte mich willkommen, nicht wie ein stumpfes Touristenopfer.

Die Art und Vielfalt des Whiskys
Die Marke Glen Els / Elsburn bietet eine erstaunliche Bandbreite:
- Die Grundlinie: Ein eher milder, geradeaus gehender Single Malt – keine übertriebene Torf-Explosion, sondern Feinheit.
- Fasswahl: Sehr divers. Es werden Ex-Sherry-, Ex-Madeira-, Ex-Marsala-, Ex-Malaga-, Ex-Port- und Ex-Wein-Fässer eingesetzt.
- Rauchmalz-Einsatz: Nicht so wie bei schottischen Islay-Toren: Statt Torf wird hier teilweise Malz über Buchen- und Erlenholz geräuchert („Woodsmoked“) – etwa in Serien wie „The Ember“, „The Alrik“.
- Kleinere Chargen / besondere Abfüllungen: Single Casks, Spezialeditionen.
- Geschmacklicher Stil: Laut Berichten fruchtig, süß, würzig, gelegentlich rauchig – aber immer mit dem Hang zur Eleganz.
Kurzum: Für jemanden wie mich, der Whisky liebt, aber nicht unbedingt die schottische Torfgranate mit Schäfchenillusion sucht, war das genau die richtige Mischung aus handwerklichem Understatement und Geschmackskomplexität.
Meine Verkostung – und der Kauf der Flasche
Nach der Führung fand ich mich im Verkostungsraum wieder – mit einer kleinen Auswahl zum Probieren. Und ja: Ich konnte nicht widerstehen. Ich erstand eine Flasche der Edition Glen Els Ember in der Holzkiste – weil: Holzkiste = ständiger Reminder zuhause „Ja, hier ist was Besondertes drin“.
Die Ember-Edition ist gekennzeichnet durch: 45 % des Malzes wurden über Buchen- und Erlenholz geräuchert („woodsmoked malt“), sie reifte in Sherry-, Marsala-, Claret-, Malaga-, Port- und Amarone-Fässern. Alkoholgehalt: 45,9 %.
Nosing (Geruch):
- Sofort: eine angenehme Rauch-Note, aber keine Islay-Explosion – eher dezent, im Hintergrund.
- Darunter: Vanille, Karamell, Zitrusnoten (z. B. Limette oder leicht Zitrone), Beerenaromen (dunkle Waldfrüchte).
- Dazu: Eiche, Gewürze, ein Hauch dunkler Schokolade.
- Mein persönliches Zwischenspiel: Ich dachte „Ah, Kaminfeuer im Herbst“ – passend zum Harz und Oktober.
Geschmack (Tasting):
- Der Einstieg war weich: Karamell, kandierte Früchte, Süße.
- Dann kommt die Rauchnote – nicht so, dass man sofort „Ich bin auf Islay“ schreit, sondern eher „Ah – interessantes Element da“.
- Dunkle Schokolade, Marzipan, Mandeln – wie in den Notizen.
- Der Abgang: mittellang bis lang, warm, vanillig, mit einer angenehmen Rauchnote und angenehmer Süße im Nachklang.
Mein finales Urteil:
Ich war begeistert. Klar, ich bin kein Ultra-Whisky-Guru mit 30 Jahren Erfahrung (ich finde gerade mal meine Sache mit der Gerstenmalz-Rolle im Kopf). Aber diese Flasche war für mich ein Volltreffer: handwerklich, mit Charakter, ohne übertriebenes Show-Element. Und die Holzkiste? Nun, die dient jetzt als Mahnmal: „Nimm mich nicht als teures Sammlerstück – trink mich.“
Wenn ich mich selbst ironisch zitieren darf: Ich habe die Flasche gekauft mit dem Gedanken, „Die lagert sich drei Jahre und wird dann teuer“. Dann habe ich sie über ein Jahr im Regal stehen gelassen, weil ich dachte „sie ist zu gut zum Öffnen“. Tja – irgendwann entschied ich, dass Whisky trinkt, nicht Staub fängt.
Abschließend: Wenn Sie mal durch den Harz schlendern (und sich nicht nur auf Brocken-Wandertouren beschränken), lohnt sich ein Abstecher zur Hammerschmiede. Und wenn Sie den Glen Els Ember kosten, tun Sie sich einen Gefallen: Nehmen Sie sich Zeit, lassen Sie ihn sich öffnen – und genießen Sie ihn im Bewusstsein, dass Rauch, Frucht und Handwerk hier Hand in Hand gehen.
Prost – und vergessen Sie nicht: Der Engel nimmt seinen Anteil im Lager (4-10 %!), also trinken Sie mit Rücksicht auf die kleinen Harzer Hexen, die mitverdunsten.